04.2015

LFH-Unternehmertag 2015: Dequalifizierungsspirale durch HwO-Novelle bestätigt

Der diesjährige Unternehmertag des Unternehmerverbandes Handwerk NRW (LFH) beschäftigte sich unter der Leitung von LFH-Präsident Hans-Joachim Hering mit einer Bilanz der bisherigen Auswirkungen der Novellierung der Handwerksordnung aus dem Jahr 2004. Mit dieser Novellierung wurde die bestandene Meisterprüfung als Regelvoraussetzung für die Führung eines Handwerksbetriebes in 53 Gewerken abgeschafft.

Dr. Klaus Müller vom ifh der Universität Göttingen wies in seinem Vortrag darauf hin, dass es zwar zu einer Zunahme der Gründungen in den neu geschaffenen B1-Handwerken gekommen sei, diese Betriebe aber häufig nicht lange am Markt überlebt hätten oder es sich dabei um Soloselbständige handle. So sei nach der HwO-Novelle die Überlebensrate der B1-Handwerksbetriebe fünf Jahre nach Unternehmensgründung von 66,8% in 2003 auf 45,9% in 2012 gefallen.

In den weiterhin meisterlichen A-Handwerken blieb dagegen die Überlebensrate der Betriebe bei 70,1% stabil. Der Anteil der Ein-Personen-Unternehmen habe sich bei den B1-Unternehmenbis 2012 gegenüber dem letzten Wert auf 61,2% fast verdreifacht. Es seien bereits heute negative Auswirkungen bei der Qualifikation der Gründerfestzustellen. So sei vor allem ein gravierender Rückgang bei den Meisterprüfungen der B1-Handwerke zu konstatieren. Während die Anzahl der Meisterprüfungen in den weiterhin meisterpflichtigen A-Handwerken zwischen 2004 bis 2013 stabil blieb, ist bei den von der HwO-Novelle erfassten B1-Handwerken ein Rückgang der bestandenen Meisterprüfungen um 45,7 % im gleichen Zeitraum zu verzeichnen. Auch die Quote der Ausbildungsbetriebe unter den B1-Betrieben sei von 12,8 % in 2003 auf magere 3,7% im Jahr 2013 abgestürzt. Dabei zeigen die Zahlen der Forschung, dass 50 % der Schulabsolventen mit Hauptschulabschluss gerade im Handwerk einen Ausbildungsplatz finden. Eine Steigerung der Innovationskraft des Handwerks durch die Novelle der HwO von 2004 könne nicht festgestellt werden. Dr. Müller verwies darauf, dass durch die Novellierung der HwO von 2004 auch kein positiver Beschäftigungseffekt festzustellen sei.

RA Lutz Pollmann, Hauptgeschäftsführer der Baugewerblichen Verbände, hob hervor, dass der Jahresumsatz bei den von der HwO-Novelle betroffenen Fliesenlegern von 450 000 Euro in 2004 auf jetzt 80 000 Euro geschrumpft sei. Man habe in der damaligen Bundesregierung gehofft, durch den erleichterten Zugang zur Selbständigkeit im Handwerk an mehr Arbeitsplätze zu kommen. Dass die damalige Hoffnung auf Schaffung von Arbeitsplätzen durch die Novellierung sich als falsch erwiesen hat, unterstreichen die erstmals an diesem Unternehmertag vorgelegten Forschungsergebnisse von Dr. Klaus Müller. Das Ergebnis der Novellierung war, so LFH- Präsident Hans-Joachim Hering, dass aus vielen Kleinselbstständigen prekäre Scheinselbstständigkeiten mit hohem Hang zur Schwarzarbeit entstanden seien.

Die Folgen der Novelle von 2004 haben klar gezeigt, dass Deregulierung nicht zu mehr Wachstum und nicht zu nachhaltig mehr Beschäftigung führe, so LFH -Präsident Hering. Trotz dieser Erfahrungen müsse man sich aktuell erneut um den Meisterbrief sorgen, sagte Hans-Joachim Hering weiter. Die EU- Kommission kritisiere zum wiederholten Male, dass zu viele handwerkliche Berufe in Deutschland einen Meisterbrief erfordern würden. Nach Abschluss der Transparenzinitiative verlange die EU-Kommission von der Bundesregierung wahrscheinlich erneut Eingriffe in das Handwerksrecht.
Dabei schaffe das Handwerk mit seiner Ausbildungsleistung die Grundlage dafür, dass Deutschland die geringste Jugendarbeitslosigkeit in Europa aufweise.

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