07.2011

Unternehmerverband Handwerk NRW gegen Veröffentlichung lebensmittelrechlicher Kontrollergebnisse

Zur Absicht der Verbraucherschutzminister der Bundesländer, ein bundesweit verbindliches Modell zur Veröffentlichung von Ergebnissen der amtlichen Lebensmittelkontrollen mit einheitlichen Bewertungsmaßstäben einzuführen, erklärt der Unternehmerverband Handwerk NRW:

Der Unternehmerverband Handwerk NRW lehnt die Veröffentlichung von Ergeb-nissen der amtlichen Lebenskontrollen ab und hält am Grundsatz der wirksamen Eigenkontrolle fest. Bei ernsten Hygienemängeln ist der betreffende Betrieb bereits jetzt nach geltendem Recht stillzulegen.

Garanten für Qualität und Hygiene der Produkte und Lebensmittel sind die an-spruchsvolle Gesellen- und Meisterausbildung wie auch die kontinuierliche Schulung und Weiterbildung aller Beschäftigten zu lebensmittelhygienischen Vorschriften und Erfordernissen. Damit ist fundierte Kenntnis und Bekenntnis zu Hygiene Voraus-setzung für das Betreiben eines Lebensmittelunternehmens.

Ein „Hygiene-Barometer“ ist der falsche Weg zur Aufklärung des Verbrauchers. Ein solches Kennzeichnungssystem zeigt nicht die aktuelle Bewertung an, sondern eine in der Vergangenheit vorgenommene Bewertung, die bis zu drei Jahre zurückliegen kann. Diese ist faktisch nicht mehr rückholbar – auch wenn das Kontrollergebnis nach schneller Mängelbeseitigung später korrigiert wird.

Durch einen Kontrollaushang werden die überwiegend kleinen Betriebe im Lebens-mittelhandwerk zu neuen Dokumentationsanstrengungen gezwungen. Während im Arbeits- und Gesundheitsschutz dieser Bürokratieaufwand gerade schrittweise wieder abgebaut wird, würde das Hygiene-Barometer den Betrieben wieder zusätzliche Bürokratielasten aufbürden.

Aus grundrechtlicher Sicht sind an die Veröffentlichung von Lebensmittelkontrollen hohe Anforderungen zu stellen. Dabei sind die Behörden zu besonderer Sorgfalt verpflichtet, weil ein „roter“ und „gelber“ Kontrollaushang die Existenz der betroffenen Betriebe gefährdet und gewährleistet sein muss, dass grundsätzlich nur rechtssicher festgestellte Tatsachen veröffentlicht werden. Die geplante Veröffentlichung von Kontrollergebnissen ist mit diesen hohen rechtlichen Anforderungen unvereinbar. Eine tragfähige verfassungskonforme Rechtsgrundlage ist mit den vorliegenden Vorschlägen nicht gegeben.

Zusammenfassend ist die Veröffentlichung der Ergebnisse der Lebensmittelkontrol-len über plakative Darstellungen ohne Mehrwert für den Verbraucher, die Betriebe und die Verwaltung, sie bedeutet zusätzlichen Dokumentationsaufwand und ist ohne verfassungskonforme Rechtsgrundlage. Es steht bereits jetzt fest, dass fast alle Lebensmittel-Handwerker eine grüne Einstufung bekommen. Wegen der wenigen Ausnahmen die Veröffentlichung umzusetzen, ist bürokratischer Irrsinn und daher nicht gerechtfertigt.

Nur für den Fall, dass die Umsetzung des Hygiene-Barometers wider Erwarten nicht verhindert werden kann und um negative Auswirkungen auf die Unternehmen weitest möglich zu vermeiden, fordert der Unternehmerverband Handwerk NRW folgende Mindest-Nachbesserungen:

• Das System muss bundeseinheitlich geregelt sein. Ermessensentscheidungen der Lebensmittelkontrolleure, wie sie heute notwendig sind, müssen im Rahmen des vorgesehenen neuen Systems ausgeschlossen werden.

• Das Ergebnis der Kontrolle muss im Vorfeld der öffentlichen Kenntlichmachung rechtskräftig, das Verfahren also rechtlich abgeschlossen sein. Bei Beanstandungen muss vor Veröffentlichung zwingend eine belastbare Gegenprüfung und ggf. eine kostenfreie Nachkontrolle erfolgen.

• Eine zeitnahe Rehabilitation muss gewährleistet sein. Sollte eine öffentliche Kennt-lichmachung der Prüfungsergebnisse nach abgeschlossenem Verfahren erfolgen, müssen die Unternehmer die Möglichkeit haben, sich nach erfolgter Korrektur zügig und ebenfalls öffentlichkeitswirksam zu rehabilitieren.

• Die Veröffentlichung darf nicht unwiderruflich erfolgen, da andernfalls keine Reha-bilitationsmöglichkeit besteht. Dies schließt das Internet als Medium der Veröffent-lichung aus.

• Die Lebensmittelbehörden müssen vor der Umsetzung der Veröffentlichung perso-nell in die Lage versetzt werden, den zu erwartenden Aufwand leisten zu können. Hierdurch darf es nicht zu zusätzlichen Kosten für die Unternehmer kommen.

• Bußgeldtatbestände für die Nichtveröffentlichung und die Entfernung des Aushangs sind ersatzlos zu streichen. Wenn der Aushang lediglich dem „Informationsinteresse“ des Verbrauchers dienen soll, sind solche Bußgeldtatbestände noch nicht einmal mit der eigentlichen Zielsetzung des Systems zu begründen. Zudem ist die Bußgeld-bewehrung der Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften ausreichend.

• Zur Beilegung von Konfliktfällen wird eine Clearingstelle eingerichtet.

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