06.2010

Erwartungen des NRW-Handwerks an die Landespolitik

Resolution NRW-Handwerksrat

NRW als Impulsgeber für eine ordnungspolitische Erneuerung der Sozialen Marktwirtschaft!

Deutschland und Nordrhein-Westfalen befinden sich in einer ernsten Situation, in der Machtinteressen hinter Verantwortungssinn zurückstehen müssen. Noch immer leiden viele Unternehmer und Arbeitnehmer unter den Nachwirkungen der außerordentlichen Finanzkrise. In Bund, Land und Kommunen ist der Schuldenstand der öffentlichen Haushalte explodiert und schnürt den Spielraum für Zukunftsinvestitionen immer weiter ein. Die gemeinsame europäische Währung erlebt derzeit die größte Krise ihrer Geschichte und ist durch die Preisgabe einer strikten Stabilitätskultur ernsthaft in Gefahr geraten. Unser Land steht zudem vor großen demographischen Herausforderungen, die nur durch eine weitblickende Politik bewältigt werden können.
In diesen Zeiten braucht Nordrhein-Westfalen eine starke, mutige und vertrauenswürdige Landesregierung, die mit kräftiger Stimme die Interessen des Landes und seiner Menschen in Brüssel und Berlin vertreten kann. In diesen Zeiten braucht Nordrhein-Westfalen stabile Verhältnisse und kann sich monatelange Hängepartien ebenso wenig wie waghalsige politische Experimente leisten. Unternehmer und Arbeitnehmer in Nordrhein-Westfalen brauchen auch in Zukunft eine Landesregierung, die den Leitideen der Sozialen Marktwirtschaft verpflichtet ist und sich für deren Erneuerung stark macht. Die Stärkung des Privateigentums und der damit verbundenen Prinzipien Haftung und Verantwortung sind dafür entscheidende Maßstäbe.
Vom neugewählten Landtag und einer künftigen Landesregierung fordert das Handwerk in Nordrhein-Westfalen daher:

Konsolidierung der Landesfinanzen

Die Sanierung der Landesfinanzen und die Eindämmung der Verschuldung ist ein Gebot der Generationengerechtigkeit. Das Land muss seine Haushaltsdefizite entschlossen zurückführen und durch die Einführung einer wirksamen Schuldenbremse in der Landesverfassung für eine nachhaltige und tragfähige Finanzpolitik sorgen.

Konsolidierung der Kommunalfinanzen

Von gesunden Kommunalfinanzen hängen Infrastruktur und Lebensqualität in NRW entscheidend ab. Das Land muss eine ausreichende Finanzausstattung der Kommunen gewährleisten und sich im Rahmen einer umfassenden Finanzverfassungsreform für eine eigenständige und verlässliche Einnahmequelle der Kommunen als Alternative zur kommunalen Gewerbesteuer stark machen.

Entlastung des Faktors Arbeit

Arbeit muss sich lohnen. Dringende Reformen der sozialen Sicherungssysteme müssen daran gemessen werden, dass die einseitige Belastung des Faktors Arbeit beendet wird. Wir erwarten von einer neuen Landesregierung, dass sie sich an dieser Diskussion konstruktiv und offensiv beteiligt. Kostspielige Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik müssen sich daran messen lassen, dass sie Arbeitslose möglichst schnell wieder in reguläre Arbeit bringt.

Partnerschaftliche Mittelstandspolitik

Der Mittelstand ist das Rückgrat für Wachstum und Beschäftigung in NRW und ist unverzichtbarer Partner der Politik für Innovation, Ausbildung und Integration. Deshalb muss auch in Zeiten der internationalen Finanzkrise dafür Sorge getragen werden, dass die Leistungskraft der Förderbanken als unverzichtbare Finanziers des Mittelstandes erhalten bleibt.
Nach dem Auslaufen des bisherigen Mittelstandsgesetzes braucht NRW ein neues Mittelstandsgesetz als glaubwürdiges und verlässliches Signal an die eigentümergeführten Unternehmen im Land. Das Vergaberecht muss fair gestaltet sein, damit der Mittelstand als lokaler Beschäftigungsmotor und Steuerzahler von öffentlichen Aufträgen profitieren kann. Zu einer mittelstandsfreundlichen Politik gehört auch eine angemessene und flexible Bereitstellung von lokalen Gewerbeflächen, auch durch eine entsprechende Flankierung seitens der Landesplanung. Durch das Gemeindewirtschaftsrecht muss weiterhin sichergestellt sein, dass die Tätigkeit öffentlicher Unternehmen am Hausübergabepunkt endet.

Stärkung der schulischen und beruflichen Bildung

Angesichts des demographischen Wandels muss die Ausbildungsfähigkeit und Ausbildungswilligkeit von Jugendlichen gestärkt werden. NRW braucht dazu ein nach Begabungen differenziertes Bildungssystem, das nicht auf Eintopfpädagogik, sondern auf individuelle Förderung setzt und damit echte Aufstiegschancen und Leistungsbereitschaft vermittelt. Wir brauchen auch eine bessere Verankerung des Themenfeldes Wirtschaft an den Schulen, eine Stärkung der betrieblichen Ausbildung und neue Impulse für die berufliche Weiterbildung und lebenslanges Lernen. Der Grundsatz „Vorfahrt für Bildung“ muss sich auch darin konkretisieren, dass die Berufsbildungsstätten des Handwerks als gleichrangiger Bestandteil der öffentlichen Bildungsinfrastruktur anerkannt werden.

Innovative Umwelt- und Energiepolitik

NRW hat große Chancen, sich vom Industrierevier zum Standort für innovative Energie- und Umwelttechnik zu entwickeln. Das Handwerk steht bereit, wenn es darum geht, nachhaltige Investitionen zur Steigerung der Energieeffizienz umzusetzen. Unnötige Gängelungen der Wirtschaft durch kostspielige, aber umweltpolitisch wirkungslose Maßnahmen müssen vermieden werden. Dort, wo Regulierung übers Ziel hinausschießt und die Unternehmen hart trifft, ist Flexibilisierung mit Augenmaß geboten (z.B. Umweltzonen). Das Handwerk steht politischen Interventionen in die Marktprozesse grundsätzlich skeptisch gegenüber. Wo aber der Staat sich zum Eingreifen entscheidet, sollte er unberechenbare Kurswechsel wie den plötzlichen Förderstopp im Marktanreizprogramm für Erneuerbare Energien vermeiden. Die Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen für Investitionen ist für das Handwerk ein hohes Gut.

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