07.2010

Unternehmerverband Handwerk NRW gegen tarifvertragliche Differenzierungsklauseln

Die CDU-Landtagsfraktion NRW regt in ihren Petersberger Eckpunkten vom 10.9.2008 an, eine Stärkung der Tarifautonomie durch „moderate tarifvertragliche Differenzierungsklauseln“ herbeizuführen. Mit solchen Differenzierungsklauseln sollen bestimmte tarifvertraglich ausgehandelte Leistungen nur Mitgliedern des Tarifpartners, also der Gewerkschaften, vorbehalten bleiben.

In Nordrhein-Westfalen wird dieses Verfahren bereits heute in der Metall- und Elektroindustrie praktiziert. Dort bietet die IG Metall nicht organisierten Arbeitnehmern zum Zwecke des Beitrittes tarifvertragliche Sonderleistungen – wie ein erhöhtes Urlaubsgeld – an. Ob sich die rückläufigen Mitgliederzahlen der Arbeitnehmerorganisationen damit aufhalten lassen, darf bezweifelt werden. Eine der konjunkturellen Lage angemessene Tarifforderung, die keine Arbeitsplätze gefährdet, wäre hier wirkungsvoller als jede noch so ausgefeilte Differenzierungsklausel.

Auch aus rechtlicher Sicht bestehen Bedenken gegen tarifvertragliche Differenzierungsklauseln. Schon 1967 hat der Große Senat des BAG solche Klauseln für unzulässig erklärt. Verfassungsrechtlich verletzt eine solche Differenzierung das Grundrecht der positiven Koalitionsfreiheit der anders und der negativen Koalitionsfreiheit der nicht organisierten Arbeitnehmer aus Art. 9 III GG. Insbesondere wird durch jede finanzielle Besserstellung von organisierten gegenüber nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer ein unangemessener, sozialinadäquater Druck ausgeübt, der Gewerkschaft beizutreten. Das Grundrecht, einer Koalition fernzubleiben, wird durch Art. 9 III GG aber ebenso uneingeschränkt geschützt wie die positive Koalitionsfreiheit, die eine gezielte Besserstellung der Nichtorganisierten gegenüber Gewerkschaftsmitgliedern schließlich auch nicht erlaubt. Tarifrechtlich stellen Differenzierungsklauseln eine Überschreitung der Tarifmacht dar. Zweck dieser Klauseln ist es, mit Hilfe der Arbeitgeber die Außenseiter zum gewerkschaftlichen Beitritt und damit zur Stärkung der gewerkschaftlichen Macht zu veranlassen. Für die Arbeitgeberseite ist eine Differenzierung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit aber unzumutbar, da sie sich nicht auf diese Weise „in die Dienste des Koalitionsgegners“ spannen lassen muss. Zumal die Arbeitgeber mit tarifvertraglichen Differenzierungsklauseln zur Stärkung der Gewerkschaften als ihrem sozialen Gegenspieler gezwungen werden. Diese Linie wurde anschließend durch mehrere Entscheidungen des BAG bestätigt.

Der Unternehmerverband Handwerk NRW lehnt aus diesen Gründen tarifvertragliche Differenzierungsklauseln und Abweichungen von flächentarifvertraglichen Regelungen ab. Gerade im Handwerk hat der Arbeitgeber regelmäßig das Interesse, seine Belegschaft einheitlich zu behandeln. Die Gewerkschaften sollten daher mit anderen Mitteln für Mitgliedschaften werben, als organisierte und nichtorganisierte Mitarbeiter gegeneinander auszuspielen.

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